Buh! Heute ist Halloween, und damit der Höhepunkt der Gruselsaison. Aber in diesem Halloween-Special wird es trotzdem nicht gruselig. Stattdessen geht es um den zweiten wichtigen Teil von Halloween: Süßes oder Saures.
Um zu unterscheiden, ob etwas süß oder sauer ist, brauchen wir unseren Geschmackssinn. Und um all die anderen Aromen von Süßigkeiten (und Anderem) wahrzunehmen, brauchen wir auch den Geruchssinn. Aber wie genau funktioniert das mit dem Schmecken?
Der Geschmackssinn
Mit unserer Zunge können wir im Prinzip nur fünf verschiedene Geschmacksrichtungen wahrnehmen: Süß, Sauer, Salzig, Bitter und Umami. Dass nur bestimmte Bereiche der Zunge bestimmte Geschmacksrichtungen wahrnehmen können, ist dabei ein Mythos. Überall auf der Zunge , wo Geschmacksknospen zu finden sind, kann auch jede Geschmacksrichtung wahrgenommen werden (die Verteilung ist allerdings tatsächlich ein bisschen unterschiedlich).
Als Geschmacksknospen werden kleine Ansammlungen aus Sinneszellen bezeichnet. Die Sinneszellen besitzen Ausstülpungen – die Mikrovilli – in denen die Geschmacksrezeptoren sitzen und die dazu dienen, die Oberfläche der Sinneszellen zum Mundraum hin zu erweitern. Die Geschmacksrezeptoren sind die Strukturen, die die einzelnen Geschmacksrichtungen identifizieren.
Es gibt Rezeptoren, die bestimmte Stoffe im Speichel erkennen können. Dazu gehören die Rezeptoren für Süß, Umami und Bitter. An den Rezeptor für Süßes (eigentlich ein Rezeptor-Heterodimer) binden alle Stoffe, die für uns süß schmecken, natürlicherweise vor allem verschiedene Zucker. Der Umami-Rezeptor (ebenfalls Dimer) erkennt vor allem die beiden Aminosäuren Glutamat und Aspartat, und Purinnukleotide (Bestandteile der DNA) können den Geschmack noch verstärken. Die Bitterrezeptoren sind etwas anders, da es davon sehr viele gibt und einzelne Rezeptoren nur einige wenige Stoffe erkennen. Im Inneren der Sinneszellen vermittelt dann das Signalprotein Gustducin, das dem Signalprotein beim Sehen – dem Transducin – sehr ähnlich ist, den Geschmacksreiz.
Die beiden anderen Geschmacksrichtungen, sauer und salzig, erkennen eher Eigenschaften des Speichels. Sauer entsteht durch den pH-Wert (wobei vielleicht auch eher der pH-Wert innerhalb der Sinneszellen entscheidet). Salzig ist hingegen abhängig von der Salinität, also der Salzkonzentration des Speichels. Welche Rezeptoren für die Wahrnehmung von Sauer und Salzig verantwortlich sind, ist noch nicht ganz geklärt – allerdings gibt es für Sauer zumindest einen heißen Kandidaten, den TRP-Kanal PKD2L1.
Eine Geschmackssinneszelle exprimiert immer nur Rezeptoren für eine Geschmacksrichtung (was lange diskutiert wurde). Aber in einer Geschmacksknospe kommen trotzdem Sinneszellen für jede einzelne Geschmacksrichtung vor. An der Unterseite der Geschmacksrezeptoren schließen sich Nervenzellen an, die den Geschmacksreiz dann zum Gehirn leiten.
Leider ist die Sache – wie so oft in der Biologie – nicht ganz so einfach. Denn offensichtlich können wir mehr schmecken als nur Süß, Sauer, Salzig, Bitter und Umami. Wie nehmen wir also komplexe Geschmäcker wahr, obwohl wir nur Sinneszellen für diese fünf Geschmacksrichtungen haben?
Einerseits wird diskutiert, ob vielleicht nicht doch noch mehr Geschmacksrezeptoren und -richtungen existieren. Zum Beispiel gibt es Rezeptoren für Fettsäuren, die zu einem Geschmack beitragen können. Außerdem könnte die Wahrnehmung von Ca2+– und Mg2+-Ionen auch einen Einfluss haben. Und dann gibt es noch Wahrnehmungsqualitäten, die eigentlich nicht so viel mit Geschmack zu tun haben. So ist Schärfe nämlich eigentlich ein Schmerzsignal – das bekannteste „Schärfe-Molekül“ Capsaicin bindet zum Beispiel an den Schmerzrezeptor TRPV1.
Das reicht aber noch nicht für einen komplexen Geschmack. Denn etwas wichtiges fehlt noch…
Der Geruchssinn
Wenn ihr euer Essen mit dem Mund zu euch nehmt (so wie man das im Normalfall eben macht) können flüchtige Moleküle – die Geruchsstoffe – über den Rachen in eure Nasenhöhle aufsteigen, wo sie auf Geruchsrezeptoren treffen. Geruchsrezeptoren gibt es im Gegensatz zu den Geschmacksrezeptoren extrem viele: grob 400 verschiedene. Trotzdem kann ein Geruchsrezeptor auch durch mehrere verschiedene Geruchsstoffe aktiviert werden.
Wie auch der Geschmackssinn, der noch lange nicht komplett verstanden ist, wirft auch der Geruchssinn noch einige Fragen auf. Es gibt einfach so enorm viele Geruchsrezeptoren. Um das mal etwas in Relation zu setzen: Die Geruchsrezeptoren gehören (wie die Süß-, Bitter- und Umamirezeptoren) zu den G-Protein gekoppelten Rezeptoren. Diese Rezeptoren bilden die größte Protein-Superfamilie beim Menschen überhaupt. Und nur die Geruchsrezeptoren machen in etwa die Hälfte davon aus! Außerdem gibt es Geruchsrezeptoren nicht nur in der Nase. Sie kommen beispielsweise auch auf der Zunge vor, oder interessanterweise auch in Geweben innerhalb des Körpers, die gar nicht von Geruchsstoffen erreicht werden können.
Ihr seht also, dass über den Geruchssinn deutlich mehr verschiedene Gerüche unterschieden werden können als Geschmacksrichtungen über den Geschmackssinn. Aber Geruch- und Geschmackssinn sind keine Rivalen, sondern arbeiten Hand in Hand. Denn auch der Geruchsreize werden über Nervenzellen in das Gehirn weitergeleitet, wo alle gesammelten Reize zu dem komplexen Eindruck Geschmack zusammengesetzt werden.
Alltäglich und doch komplex
Während ihr also nichtsahnend eure Halloween-Süßigkeiten esst, sind in eurem Mund und eurer Nase Millionen von Rezeptoren damit beschäftigt, alle möglichen Bestandteile der Süßigkeiten zu erkennen. Ihre Signale gelangen in das Gehirn, wo aus den vielen einzelnen Informationen zu Geschmacksrichtung, Geruch und allem anderen dann der schlussendliche Geschmack zusammengesetzt wird. Und obwohl Schmecken etwas so triviales und alltägliches ist, ist es eine enorm komplexe und herausfordernde Aufgabe für die Wissenschaft, die Details des Schmeckens zu verstehen.
Ich hoffe, diese kleine Halloween-Special hat euch gefallen (und euch nicht zu viel Heißhunger auf Süßes gemacht). Abonniert meinen Email-Newsletter, wenn ihr keine Beitrag mehr verpassen wollt, oder lest euch meinen letzten Text über CAR-T-Zelltherapie, wenn ihr noch mehr wollt.