Die Preisträger des Nobelpreises für Chemie 2023 wurden bekannt gegeben – durch einen Leak tatsächlich einige Stunden zu früh – und der Preis geht dieses Jahr an Alexei Ekimov, Louis Brus und Moungi Bawendi. Ausgezeichnet werden die für „die Entdeckung und Synthese von Quantum Dots“.

Die Preisträger und ihre Teams haben zum ersten mal (bewusst) ein Material hergestellt, dessen Eigenschaften durch Quanteneffekte bestimmt werden. Mir ist bewusst, das sich das ganz schön kompliziert anhört und auch ich dachte erstmal, dass dieser Beitrag eine ganz schöne Herausforderung wird. Aber zumindest wenn wir uns einfach anschauen, was die Preisträger gemacht haben und was das für die Wissenschaft und unseren Alltag bedeutet, sind die Quantum Dots tatsächlich sehr spannend und gar nicht so schwer zu verstehen.

Wenn ihr allerdings tiefer in das Thema einsteigen wollt, möchte ich euch direkt die Advanced Information auf der Webseite des Nobelpreises empfehlen. Dort könnt ihr ausführlichere und sehr schön aufbereitete Hintergrundinfos finden.

Nanokristalle in farbigem Glas

Die Geschichte dieses Nobelpreises beginnt mit farbigem Glas. Farbiges Glas wird schon lange durch die Zugabe verschiedenster Stoffe hergestellt, zum Beispiel Gold oder Cadmium. Die zugesetzten Stoffe formen Kolloide im Glas. Das heißt hier, dass sie sehr kleine, fein verteilte Partikel bilden, mit dem Glas als sogenanntes Dispersionsmedium.

Alexei Ekimov wollte herausfinden, wie diese kolloidalen Zusatzstoffe die optischen Eigenschaften des Glases verändern. Dazu stellt er Glas her, in dem sich winzig kleine Kupfer(I)-chlorid- (CuCl-)Kristalle bildeten. Interessanterweise änderte sich die Absorption dieses Glases je nachdem, wie groß die CuCl-Partikel waren. (Absorption ist die Aufnahme von Lichtenergie. Der absorbierte Teil des Lichts ist also der Teil, der nicht durchgelassen oder reflektiert wird.)

Ekimov konnte nachweisen, dass sich die Größe der Partikel im Nanometer-Bereich (1 nm ist ein Milliardstel eines Meters) befand, und dass sie damit so klein waren, dass die Änderung der Absorption von Licht durch Quanteneffekte verursacht wurde.

Wieso ist das so wichtig? Nun, typischerweise werden sowohl die optischen als auch die chemischen Eigenschaften eines Materials durch dessen Elektronenstruktur bestimmt, also wie viele Elektronen es hat und welche Energiezustände ihnen zur Verfügung stehen. Schon länger existieren theoretische Überlegungen, dass sich das ändert, sobald die Teilchen eines Materials nur klein genug sind. Dann verfügen sie nicht mehr über die Eigenschaften des Bulk-Materials, die durch die Elektronenstruktur bestimmt sind, sondern besitzen durch Quanteneffekte neue Eigenschaften. Ekimov ist es also gelungen, ein solches Material erstmals experimentell nachzuweisen.

Quantum Dots auch ohne Glas

Allerdings sind Nanopartikel in Glas nicht sonderlich praktisch, wenn man weiter mit ihnen arbeiten möchte. Hier kommt jetzt Louis Brus ins Spiel (ohne dass er von den Erkenntnissen Ekimovs wusste).

Brus und seine Kolleg:innen konnten kolloidale Cadmiumsulphid- (CdS-)Nanopartikel in einem flüssigen Dispersionsmittel herstellen. Die frischen Nanopartikel waren nur wenige Nanometer groß, mit der Zeit entstanden durch Ostwald-Reifung jedoch immer größere Partikel. Als Ostwald-Reifung wird das Phänomen bezeichnet, dass im Laufe der Zeit größere Nano- und Mikropartikel auf Kosten von kleineren Partikeln wachsen, und die kleineren dadurch nach und nach verschwinden (tatsächlich ist Ostwald-Reifung auch in der Pharmazeutischen Technologie ziemlich relevant).

Auch Brus konnte dann beobachten, dass die frischen, kleinen Nanopartikel andere optische Eigenschaften hatten als die „gereiften“ größeren. Das liegt daran, dass in einem Halbleiter wie CdS die Bandlücke der Nanopartikel – wenn sie klein genug sind – von der Größe der Nanopartikel abhängt.

Die Bandlücke ist abhängig von der Größe der Quantum Dots (Bild: The Royal Swedish Academy of Sciences / Dong et al. 2015)

Die Bandlücke steht für die Energie zwischen dem Valenzband und dem Leitungsband, den beiden Energiebereichen, in denen sich Elektronen aufhalten können. Wenn ein Halbleiter angeregt wird, z.B. durch Licht, gehen Elektronen aus dem energieärmeren Valenzband in das energiereichere Leitungsband über. Von der Größe dieser Bandlücke hängt dann ab, welche Wellenlängen des Lichts bei der Anregung absorbiert werden. Je kleiner ein entsprechendes Nanopartikel, ein Quantum Dot, wird, desto größer wird die Bandlücke und desto kurzwelligeres Licht wird benötigt, um Elektronen anzuregen. Das absorbierte (und auch wieder emittierte) Licht wird also immer blauer.

(Bild: Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences)

Zuverlässige Herstellung

Leider waren die Herstellungsmethoden für Quantum Dots noch sehr kompliziert und vor allem unzuverlässig. Moungi Bawendi entwickelte mit seinem Team eine Methode, mit der die benötigten Nanopartikel relativ einfach, zuverlässig und mit einer hohen Qualität hergestellt werden konnten. Dazu werden die Ausgangsstoffe für die Nanopartikel in ein heißes Lösungsmittel gegeben, wo sofort kleine Kristalle entstehen. Da dieses Kristallwachstum aber Wärme benötigt, und die Zugabe der Ausgangsstoffe das Lösungsmittel abkühlt, hören die Kristalle auch sehr schnell wieder auf zu wachsen. Wird das System dann wieder erhitzt, beginnen die Kristalle wieder zu wachsen, und über das kontrollierte Erhitzen kann die Größe der entstehenden Partikel bestimmt werden. Dieses Verfahren hat die breite Verwendung von Quantum Dots erst ermöglicht.

Herstellung von Quantum Dots (Bild: Johan Jarnestad/The Royal Swedish Academy of Sciences)

Aber wofür werden sie überhaupt verwendet? Beispielsweise in Bildschirmen, wo die Eigenschaft der Quantum Dots ausgenutzt wird, dass sie nach Anregung und Absorption von blauem Licht wieder Licht mit einer längeren Wellenlänge (d.h. röteres Licht) aussenden. Aber auch in Photovoltaik-Technologien kommen die Quantum Dots zum Einsatz. Außerdem lassen sich mit ihrer Hilfe sowohl Moleküle innerhalb von Zellen und Organen verfolgen als auch Tumorgewebe innerhalb eines Körpers, was biologische und medizinische Anwendungen ermöglicht.

Das war es jetzt von mir zum Chemie-Nobelpreis 2023. Wie gesagt kann ich euch für mehr Informationen auf jeden Fall die Advanced Information der Nobelpreis-Website ans Herz legen. Und wenn ihr meinen Text über den ebenfalls sehr spannenden Medizin-Nobelpreis 2023 lesen wollt, findet ihr ihn hier.

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Gratulation an Alexei Ekimov, Louis Brus und Moungi Bawendi!